2023

von Heinz Winden

veröffentlicht anlässlich des 50-jährigen Damen-Handball-Jubiläums

TuS Weibern 2018

 

In jener Zeit, als im 2. Jh. n. Chr. Kaiser Hadrian in Rom herrschte, als der Vinxtbach die Grenze (lat. fines à vinxt) zwischen den römischen Provinzen Germania Superior (Obergermanien) und Germania Inferior (Untergermanien) bildete und in Mogontiacum (heutiges Mainz), Provinzhauptstadt Obergermaniens, der Provinzstatthalter Titus Claudius Quartinus residierte, begab es sich, dass römische Offiziere (Centurien) am östlichen Rand der Hocheifel (eiflensis pagus) im Tal des Goldbachs (rivus aureus) römische Gutshöfe, sogenannte villae rusticae, errichteten, die mit den Siedlungen der Einheimischen zu einem vicus (Marktdorf für Steinmetzfabrikate, Fische, Pferde) zusammenwuchsen. Warum gerade hier? Imposante Tuffsteinbrüche und exzellente Handwerker hatten hier schon seit Jahrtausenden zum Bau steinfester Behausungen geführt. Zudem war das malerische Drei-Täler-Eck mit zahlenreichen Quellen von hoher Wasserqualität gesegnet, die größere Weiher (lat. viveres) und den Ausbau einer intensiven Fischzucht ermöglichten, die sehr bald in der ganzen römischen Legion bis hin zum Limes geschätzt wurde. Aus dem Wort „viveres“ entstand dann im Laufe der mittelfränkischen Sprachentwicklung der heutige Ortsname „Weibern“. Im Jahr 1968 stellte der Kempenicher Chronist M. B. in einer Vereins-Festschrift fest, dass im Mittelalter die „Kempenicher Herrschaft“ (Burg Kempenich) den Namen „Weibern“ kreiert habe, weil in diesem Ort die schönsten Mädchen und Frauen des Eifelgau’s lebten, die allseits begehrte Heiratskandidatinnen, auch für die „Herren von Kempenich“, waren. Recht hat er, der Chronist aus Kempenich, wie auch die Gegenwart noch bezeugt! Das eine schließt das andere nicht aus!

Heute können unsere Brüder und Schwestern aus Kempenich ebenfalls stolz auf ihren Dorfnamen sein. War doch der Namensgeber kein geringerer als Kaiser Karl der Große! Chapeau! Karl ließ in den Jahren 795 – 803 n. Chr. in seiner Lieblingspfalz Aachen die Pfalzkapelle (Aachener Dom) erbauen bevorzugt aus Weiberner Tuffstein von Weiberner Steinmetzen gestaltet (s. u.a. das Oktogon). Deshalb führte seine historische Reise im Sommer des Jahres 800 zur Kaiserkrönung nach Rom von Aachen über Mürlenbach (Bertradaburg, sein Geburtsort) nach Weibern mit Besichtigung der Tuffsteinbrüche (und von dort weiter zur Kaiserpfalz Ingelheim etc.). Dann geschah es! Auf der Kohlstraße, einer alten Köhler- und Heeresstraße durch die Eifel, in Höhe des damaligen Fleckens Wüxt-Leimbach kam ihm abends sein Seneschall (major domus), Chef der Vorhut, auf seinem Zossen entgegengeprescht mit der Meldung: „Majestät, wir haben eine Weghore (Stunde) weiter auf dem Kampus (lat. Feld) an der Hardt die Zelte aufgeschlagen.“ Karl entgegnete lapidar in bester altfränkischer Hochsprache, die heute noch in Weibern mit rhein- und moselfränkischen Einfärbungen gesprochen wird: „Kampen nich! („Kempenich“) Me reiden weide no Viveren zomm Hospitel von Simmens Kal.“ Oder seinem Vorbesitzer, der Name ist nicht verbürgt.

Zelte waren dem Weiberner schon immer ein Gräuel gewesen. Warum? Das hat mit der Menschheitsgeschichte zu tun. Der Weiberner war nie in seiner Biografie Höhlenmensch, Jäger oder Sammler. Er war schon seit Beginn, am Anfang der Zeiten, hochgeschätzter Handwerker für Tuffstein, Metalle und Holz. Die Primitivstufen Höhlenmensch, Jäger, Sammler scheint er genetisch einfach übersprungen zu haben. Als der Neandertaler in Düsseldorf Höhlchen neben Höhlchen gegraben hat, als in der Umgebung von Weibern der Faustkeil das einzige Werkzeug war und nordwestlich von Weibern eine versprengte keltische Stammesgruppe der Eburonen in Zelten aus Tierfellen dahindarbte, hat der Weiberner schon immer das Gen des Kunsthandwerkers in sich getragen. Und so kam es, dass in Weibern seit der Jungsteinzeit und damit auch später zur Römer- wie zur Karolingerzeit Wohnbauten und Herbergen aus scharrierten Tuffsteinquadern für Einheimische und Reisende zur Verfügung standen.

Nun begab es sich zu besagter Zeit, dass die Römer an ihren viveres regelmäßig Fischfangtage veranstalteten. Schlauchig und kiebig wie sie waren, ließen sie für sich und ihre Legion nur die besten Edelfische aussortieren. Barsche und Elritzen (parcae et phoxini) beispielsweise überließen sie den Einheimischen zur freien Verwendung. Und so kam es, dass sich Kinder und Mütter des Eburonen-Stammes an Fischfangtagen die Nasen an den Fischteich-Zäunen platt drückten. Aus Mitleid und in der bekannten Weiberner Großmut hat dann der damalige Schultheis PitJosephus Schmied dafür gesorgt, dass der überzählige Fischfang mit den Eburonen geteilt und so deren Überleben gesichert wurde. Diese ebenfalls chromosomonal veranlagte Generosität des Weiberners und sein gelebtes Motto „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ finden heute noch ihren Ausdruck beispielsweise darin, dass Weibern die ganze Vordereifel mit bestem Trinkwasser für einen „Appel und ein Ei“ versorgt.

Mit den Jahren schließlich wurden die Eburonen unzufrieden, weil ihnen immer nur die weniger edlen Fische überlassen wurden. „Die Römer, die spinnen!“, murrten sie hinter vorgehaltener Hand. Den Römern zu Ohren gekommen entgegneten diese stereotyp: „Noli percae gulam inspicere donati!“ („Einem geschenkten Barsch schaut man nicht in den Rachen!“) Auf wiederholtes Fragen, was dieser lateinische Spruch denn heiße, erlaubte sich der römische Legionär Tullius Schautus einen Scherz und übersetzte: „Einem geschenkten Barsch schaut man nicht in den A….!“ Das Übel nahm seinen Lauf! Über den Stamm der Eburonen hinaus verbreitete sich dieser Spruch als eine Zote. Die Derbheit des Ausrucks und der plastischen Vorstellung entsprach nicht dem Niveau der Weiberner wie der römischen Kultur. Und so kam es zu Beschwerden bis hin zum römischen Statthalter in Mogontiacum, der diese nach Rom an Kaiser Hadrian zur Entscheidung weiterleitete. Dem Kaiser war aus seiner Zeit als Militärtribun in Germania Superior bekannt, dass im vicus viverium edle Pferdzucht betrieben wurde und dort die Pferde immer gut im Hafer standen. Im Gegensatz hierzu, nebenbei bemerkt, wurden im Landstrich nordwestlich von Weibern Pferde nicht mit Hafer gefüttert und aus Geiz oder Armut so kurz gehalten, dass sie über die Jahrhunderte hinweg zu kleinen weißen, meckernden, mit den Schwänzchen wibbelnden Haustieren (lat. haediliae) mutierten.

Hadrian erinnerte sich an die Gepflogenheiten beim Pferdehandel, anhand der Stellung des Gebisses Alter und Wert eines Pferdes zu prüfen, und bekundete seine Wertschätzung für das vicus viverium, indem er per decretum verkünden ließ, der obengenannte Spruch sei bei Androhung von Zwangsarbeit (damnatio ad metalla) in den Erzgruben Bendisberg (besichtigenswert!) und Silbersand ab sofort verboten und künftig zu ersetzen durch: „Noli equi dentes inspicere donati!“ („Nimm die Zähne eines geschenkten Pferdes nicht so genau unter die Lupe!“) Nun wurde dieser Spruch allmählich zum Sprichwort und verbreitete sich von Weibern aus über Germania Superior und das ganze römische Reich. Unter anderem wurde er vom Kirchenvater Hieronymus (347 – 420 n. Chr.) in seinem Kommentar zum Epheserbrief zitiert. Heute ist das Sprichwort in der Volksmundversion „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!“ in allen Sprachen der Welt zu einem geflügelten Wort geworden, so z. B. in Englisch: Don't look a gift horse in the mouth!”, in Französisch: „À cheval donné on ne regarde pas la bouche!“, in Spanisch: A caballo regalado, no le mires el diente!“, in Niederländisch: “Een gekregen paard ziet men niet in de bek!” usw.

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